Interkulturelles Art Media Projekt „Die Parallele“

Parallele_Poster
Ein Projekt von Kunstverein kreativallianz e.V. in Kooperation mit PHOENIX-Köln e.V.
"Gebildet ist, wer Parallelen sieht, wo andere etwas völlig Neues zu erblicken glauben."
(Sigmund Graff, 1898-1979)

Als „Parallele“ bezeichnet man in der Geometrie eine von zwei Geraden, die in einer Ebene liegen und einander nicht schneiden. Als eine „historische Parallele“ wird im übertragenen Sinne eine Ähnlichkeit im Verhalten oder Sachverhalt benannt.
In unserem Interkulturellen Art Media Projekt möchten wir uns mit der Komplexität des Fachterminus „Parallele“ beschäftigen und uns auf die Suche nach Parallelen aus verschiedenen Perspektiven begehen. Vom besonderen Interesse sind für uns dabei die Parallelen zwischen dem Krieg und der Kunst. Als historische Kulisse haben wir eines der dramatischsten Ereignisse des 20. Jahrhunderts - den Ersten Weltkrieg, der am 28. Juli 1914 mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns dem Königreich Serbien begann und am 11. November 1918 endete - ausgewählt. 70 Millionen Soldaten standen in Europa, Afrika, Asien und auf den Weltmeeren unter Waffen, 17 Millionen Menschen verloren ihr Leben. Diese prägenden Jahre von 1914 bis 1918 waren Endpunkt und Neubeginn zugleich.

Unser Interkulturelles Art Media Projekt möchten wir dem bevorstehenden 100. Jahrestag seit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs widmen und uns darin besonders auf den Kleidungsstil der damaligen Epoche sowie die künstlerische Perspektive fokussieren.

Mehr als jeder andere internationale Konflikt hat der Erste Weltkrieg das Werk der Künstler, die ihn erlebten, beeinflusst. Die außergewöhnliche Vitalität und Schaffenskraft, die der Kunst in den Jahren vor 1914 ihr Gepräge gab und Avantgarde-Bewegungen hervorbrachte, wurde mit Kriegsbeginn vollkommen überschattet und gebrochen. Der Erste Weltkrieg zerstörte alle naiven Fortschrittshoffnungen und offenbarte die Zerstörungspotentiale der industriellen Moderne.

Die "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" erfasste alle Bereiche von Staat, Gesellschaft und Kultur und prägte den weiteren Verlauf der neueren Geschichte maßgeblich. Dabei ist es sehr interessant zu beobachten, in welchem Maße eine sehr kapriziöse Angelegenheit wie die Kleidung in ihren Ideen stets gehorsam dem Rüstungsverlauf der Völker folgt.

Denn die Kleidungsstücke sind seit Jahrhunderten ein Attribut der Zivilisation und Spiegel der Geschichte. Politische, kulturelle sowie sozioökonomische Veränderungen bestimmter Epochen lassen sich anhand historischer Kleidungsstücke rekonstruieren.

So betrachtet, haben Menschen zwei Möglichkeiten, um auf Kriege und Katastrophen zu reagieren: Entweder sie kleiden sich militärisch, oder sie werfen alles „Überflüssige“ ab. Im Ersten Weltkrieg erfreuten sich beide Varianten großer Beliebtheit.

Darüber hinaus lässt sich eine klare Parallele zwischen der Kleidung und der Politik feststellen: Besonders in den Krisensituationen wurde die Kleidung nicht nur von den „Spezialisten gemacht“, sondern von denen, die sich nie mit Entwürfen, Zuschnitten und Nähten befasst haben, es sei denn mit Einschnitten und Entwürfen auf Staatsebene. Entgegen allen Vorstellungen wurde Kleidung wohl weniger von Couturiers als vielmehr von Politikern bestimmt.
Wir möchten eine besondere und zugleich dramatische Situation der damaligen Epoche auf eine kreative Art und Weise rekonstruieren, die auf einem Amalgam aus parallel existierenden Erscheinungen basiert. Dabei sollten sowohl konvergierende als auch divergierende Erscheinungsmuster gezeigt werden.

Neben dem Kleidungsstil werden wir das Hauptaugenmerk auf das urbane Milieu der europäischen Metropolen richten, in dem sich eine junge Künstlerszene des Expressionismus, Art Nouveaus und der Sezession herausbildete, die eine Auseinandersetzung mit dem Thema Krieg wagte und dem Grauen einen Raum gab (z. B. Ludwig Meidner in seinem Werk „apokalyptische Landschaft“, 1912/13).

Eine besondere Stellung kommt dabei der Stadt Wien zu. In dieser damals mit zwei Millionen Einwohnern viertgrößten Stadt Europas blühte die Kultur wie nirgendwo sonst. Zerrissen zwischen Realität und Illusion, Tradition und Moderne entwickelten Künstler und Intellektuelle eine überragende Kreativität.
Die Stadt war dabei ein „Laboratorium der Apokalypse“, eine letzte Blüte, ein letztes Aufbegehren vor dem Verfall. Namen wie Sigmund Freud, Otto Wagner, Gustav Mahler, Arnold Schönberg und Gustav Klimt standen dafür ein. Sie brachten Visionen hervor, die prall gefüllt mit Leben und sich zugleich immer auch des Todes bewusst waren; ein Ineinandergreifen von Tradition und Moderne, die Vereinigung einer vergehenden und einer sich ankündigenden Welt.

Der militärische Konflikt wurde zunächst als „reinigende Kraft“ begrüßt. Zahlreiche Künstler gingen zunächst mit Begeisterung in den Krieg - aus durchaus unterschiedlichen Gründen. Außergewöhnliche Talente wie Franc Marc, August Macke oder Franz Nölken sind dem Krieg zum Opfer gefallen.

Während vor dem Ersten Weltkrieg die europäische Künstlerszene einen engen Austausch untereinander pflegte, zerstörte der große Krieg dieses fruchtbare Zusammenspiel auf brutale Art und Weise. Am Kriegsende waren die Weichen für die richtungsweisenden Strömungen des 20. Jahrhunderts gestellt.

In unserem facettenreichen Interkulturellen Art Media Projekt „Die Parallele“, an dem sich sowohl professionelle einheimische als auch Künstler mit Migrationshintergrund (Russische Föderation, Ukraine, Italien) beteiligen werden, möchten wir das Schicksal der damaligen europäischen Künstlerszene zeigen und uns auf die Suche nach verschiedenen Perspektiven bzw. Parallelen zwischen Kunst, Geschichte, Kultur, Architektur/Städtebau und Geographie begehen, die durch den Ersten Weltkrieg zusammengeführt wurden. Unsere Sichtweise richtet sich aber nicht darauf, die Ereignisse des Krieges erneut zu erläutern, sondern zu zeigen, wie und unter welchen Bedingungen die Kunst sich entfaltet hat.

Im Mittelpunkt der konzeptionellen Umsetzung des Art Media Projekts „Die Parallele“ steht der Prozess der Transformation von der Schönheit der Kunst und des friedlichen Lebens zu den tragischen Ereignissen des Krieges. Ein Teil des Bühnen- und Kostümbildes wird sich im Laufe der aus insgesamt sieben szenographischen Teilen bestehenden Performance von einer floralen Komposition in eine aus den künstlerisch gestalteten Militärmänteln konstruierte „Kriegsmaschine“ verwandeln, die eine Symbiose aus Schusswaffen, Kampfpanzer und Militärflugzeug darstellt. Dadurch soll die besondere Situation der damaligen Zeit sowie parallele Entwicklungen zwischen Krieg und Kunst gezeigt werden.

Dabei ist besonders zu achten, dass wir ein interdisziplinäres Projekt realisieren möchten, in dem eine Symbiose aus Ausstellungselementen, Kostüm- und Bühnenbild, darstellender Kunst, choreographischer Darbietung, Puppenspiel, Klangmusik, Videoinstallationen, Lichttechnik und 3D-Effekten dem breiten Publikum präsentiert werden soll.

Neben der künstlerischen Perspektive und ihrer Umsetzung möchten wir auch soziale Aspekte ansprechen und Jugendliche mit Migrationshintergrund aus den sozialen Brennpunkten der Stadt Köln, die auf der Suche nach der beruflichen Verwirklichung und ihrem Platz in der Gesellschaft sind, in unser Art Media Projekt einbeziehen. Alle Künstler, die bei unserem Projekt mitwirken, werden unterschiedliche Workshops vorbereiten und die Türen ihrer Ateliers bzw. ihrer Arbeitsräume öffnen, um ihre künstlerischen Berufe in der Praxis zu präsentieren. Die Workshops sollen dabei als eine Art Berufsorientierung für Jugendliche verstanden werden, um künstlerische Berufe wie Kostüm- und Bühnenbildner/in, Stoff- und Textildesigner/in, Raumgestalter/in, Graphiker/in, Photokünstler/in, Choreograph/in, Sound Master/in und Webdesigner/in den Jugendlichen näher zu bringen und auf die entsprechenden Ausbildungsmöglichkeiten hinzuweisen.

Während der Projektvorbereitung sollen Jugendliche durch ihre kreativen Ideen und Vorschläge unsere Künstler unterstützen und das Interkulturelle Art Media Projekt „Die Parallele“ aktiv mitgestalten. Dadurch möchten wir sie in ihrem Selbstbewusstsein, ihrer Unabhängigkeit und Teamfähigkeit stärken, ihre Bildungschancen verbessern sowie kulturelle und soziale Integration fördern.

Darüber hinaus möchten wir den Jugendlichen in einem speziellen Workshop die Hintergründe des Ersten Weltkrieges vermitteln sowie Exkursionen zum Thema „Köln und das Ruhr-Gebiet im Ersten Weltkrieg“ organisieren.

Die berufsorientierenden Maßnahmen werden in Kooperation mit dem Kultur- und Integrationszentrum PHOENIX-Köln e.V. in Köln durchgeführt, das uns seine Veranstaltungsräume zur Verfügung stellt.

Produktionszeitraum: April - November 2014
Premieretermin: 13.12. und 14.12.2014
Veranstaltungsort: Galerie Freiraum e.V., Gottesweg 116a, 50939 Köln

Projekt gefördert von

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